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Baugeschehen
Testfall für die Pfeilersanierung

Ein Kunststück geht in Serie

10. Oktober 2025

Auch fürstliche Bauherren mussten sparen. Dabei trafen sie nicht immer kluge Entscheidungen, und manche davon wirken bis heute nach. So geschehen beim Bau von Schloss Friedenstein in Gotha zwischen 1643 und 1654. Baumeister Andreas Rudolph bekam damals die Anweisung, für die mehr als 50 Arkadenpfeiler rund um den Innenhof des Schlosses Sundhäuser Sandstein aus einem nahegelegenen Bruch zu verwenden. Wie es auch heute Handwerker hin und wieder tun, zeigte er seine Bedenken an. Zu wenig tragfähig schien ihm der vergleichsweise fragile und Lettenkeuper-Sandstein für die große Last, die die Pfeiler würden tragen müssen. Er bevorzugte den deutlich stabileren Seeberger Sandstein, der ebenfalls nur vom nahen Seeberg antransportiert werden musste.

Baustelle zur Pfeilersanierung, Foto: STSG, André Kranert

Durchsetzen konnte er sich aber nur für die Sockel und Gesimse der Pfeiler. Die Folgen zeigten sich nun in schwächelnden Pfeilern, die zunächst notgesichert werden mussten und nun schrittweise saniert werden. Probebohrungen ergaben, dass die Pfeiler aus einem Kern aus hartem Kalksteinmauerwerk bestehen, der von einer stark verwitterten und kaum mehr tragfähigen Sandsteinschale ummantelt ist. Die fast 400 Jahre alte Prognose des Baumeisters fand sich also bestätigt. Wie also das Problem beheben, ohne beim Bauen das Gebäude zu gefährden? Die auf dem Papier entwickelte Lösung dafür konnte inzwischen mit Erfolg erprobt werden.

Neuaufbau der Sandstein-Mauerschale, Foto: STSG, André Kranert

Zunächst musste der Pfeiler entlastet werden, um sein Mauerwerk sanieren zu können. Dazu diente eine Stahlkonstruktion mit Hydraulikpressen, die oberhalb des Pfeilers ansetzt und die Lasten mit Schrägstützen nach den Seiten auf zusätzliche Fundamente ableitet. „Diese Stahlstütze, die wir gern unsere Krake nennen, hat uns erst die eigentliche Sanierung ermöglicht. Nach behutsamem Rückbau der Sandsteinschale mussten wir ans Fundament“, erklärt Dipl.-Ing. Sabine Jeschke, Baureferentin der STSG auf Schloss Friedenstein. „Der Pfeiler steht direkt auf dem gewachsenen Kalksteinfelsen, wir haben ihn mit einem Stahlbetonring zusätzlich gesichert.“

Sanierter Pfeiler nach Abbau des unteren Stützrings, Foto: STSG, Sabine Jeschke

Die stark verwitterte Sandsteinschale des Pfeilers wurde vollständig abgetragen. Übrig blieb der Kern aus Kalkstein und Kalkmörtel. Der erwies sich als stabil. „Da haben die barocken Maurer ganze Arbeit geleistet“, so Jeschke. Nun wurde die Schale aus dem stabileren Seeberger Sandstein nach dem historischen Muster neu aufgebaut. „Jeder einzelne Sandstein ist maßgefertigt und zusätzlich mit dem harten Kalksteinkern vernadelt, damit der Pfeiler im Verband perfekt funktioniert“, erklärt die Sanierungsexpertin.

„Wir sind sehr froh, dass alles wie geplant geklappt hat“, so Dipl.-Ing. Arch. Silvia Wagner, Leiterin der Abteilung Bauten und Gärten bei der STSG. „Denn die Pfeiler sind wirklich neuralgische Punkte im statischen Gefüge des Schlosses. Jeder von ihnen trägt bis zu 270 Tonnen Last. Unser Konzept, eine herausragende Ingenieurleistung, hat sich bewährt und wir kennen nun den inneren Aufbau im Detail, damit können wir in Serie gehen. Die Bauausführung mitsamt der Steinmetzarbeiten ist ein Beleg für die großartige Thüringer Handwerkskunst.“

Detail des Sandstein-Sockels, Foto: STSG, André Kranert

Mit ihrer Erneuerung erhalten die Pfeiler Stück für Stück auch ihre charakteristische Silhouette mit hervortretenden Bossenquadern und feinen Profilen zurück. Die hatten sich durch die starke Verwitterung verunklärt. Der Seeberger Sandstein, das Wunschmaterial des Baumeisters Rudolph, verspricht auch in dieser Hinsicht mehr Stabilität. Über Jahrhunderte waren die Sandsteinpfeiler und Bögen einheitlich in einem Ockerton gefasst, auch dies soll wiederhergestellt werden.

Franz Nagel für die Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten

Kategorie: Baugeschehen


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