Abseits aufwendiger Freilegungen und Sicherungen im Westturm, die das Ausmaß statischer Schäden für jeden greifbar machten, liefen in den vergangenen Monaten auf Schloss Friedenstein immer wieder Bauarbeiten, die wenig Aufsehen erregten, aber umso wirkungsvoller sind. Zu ihnen gehört der Einbau von gut 30 neuen Fenstern in drei Bereichen des Schlosses.
30 Fenster von mehr als 1.000 – das klingt erst einmal nach Peanuts. Aber jedes der Fenster ist ein kleines Bauwerk für sich. Bei Maßen von bis zu drei Metern Höhe und einem Gewicht von ungefähr 170 Kilogramm pro Fenster muss der handwerklichen Arbeit eine genaue Planung einschließlich statischer Berechnungen vorausgehen. Denn natürlich handelt es sich nicht um Produkte von der Stange. Alle neuen Fenster folgen einem denkmalpflegerischen Konzept, das bereits auf die notwendige Sanierung der Fassaden vorgreift.
Die Fenster müssen dabei aber nicht nur eine ästhetische Funktion erfüllen und möglichst nah am historischen Original sein, sondern sie müssen auch moderne Anforderung an Wärmedämmung und Sicherheit erfüllen. Der Wunsch nach filigranen Formen und die Notwendigkeit von schwerem sicherndem Glas fordert nicht selten so etwas wie die Quadratur des Kreises. Die kann bekanntlich nicht gelingen – wohl aber eine Lösung, die gestalterische und praktische Anforderungen gut erfüllt.
Diese Lösung wurde in Musterfenstern umgesetzt, die im Westflügel im ersten und zweiten Obergeschoss zu finden sind. Diese Probefenster sind nun Vorbild für schrittweise Neuanfertigungen, die Anforderungen von Denkmalschutz und Sicherheitskonzept erfüllen. In diesem Jahr waren es der Spiegelsaal im Ostflügel, der Kunstkammerbereich im Nordflügel und das künftige südwestliche Treppenhaus, die mit neuen Fenstern ausgestattet wurden.
In jedem der Fenster stecken bis zu 60 Stunden Handarbeit in der Tischlerei, insgesamt haben die beauftragten Bautischlereien dabei fast 15 Kubikmeter Eichenholz verbraucht. In den nächsten Jahren soll es kontinuierlich weitergehen.
Von den schier zahllos erscheinenden Fenstern auf Schloss Friedenstein stammen einige noch aus dem 18. Jahrhundert. Diese werden als besonders rare Schätze natürlich mit größter Sorgfalt erhalten. Die meisten Fenster sind jedoch Nadelholzkonstruktionen aus dem 20. Jahrhundert. Sie haben inzwischen das Ende ihrer Haltbarkeit erreicht. Im Spiegelsaal und der Kunstkammer-Ausstellung in den Erbprinzengemächern war das nun besonders dringlich.
Im äußersten Süden des Westflügels gibt es keine sensiblen Raumkunstwerke zu schützen. Hier ist der Fenstereinbau Teil eines aufwendigen Bauprojekts. Das im Rohbau bereits seit längerer Zeit fertige neue Treppenhaus zur Erschließung von Westflügel und Westturm einschließlich Ekhof-Theater wird derzeit ausgebaut. Zu diesen Arbeiten gehören auch neue Fenster. Sie wurden nun rechtzeitig vor dem Winter eingebaut, nachdem die Sandstein-Fenstergewände sorgfältig restauriert waren.
Franz Nagel für die Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten