Überraschungen gehören zum Alltag beim Sanieren von Denkmalen. Die angenehmen haben oft mit Oberflächengestaltungen zu tun und sind entsprechend fotogen. Wenn es ums Konstruktive geht, sind die Überraschungen meist weniger erfreulich. Hinter abgenommenen Putzen oder Verkleidungen kommen dann Schäden zum Vorschein, die im Vorfeld nicht genau ermittelt werden konnten. Auch die Dachbaustelle am Westflügel von Schloss Friedenstein ist da keine Ausnahme. Aber die Ingenieure und Handwerker sind um gute Lösungen nicht verlegen.
Auf der von Nord nach Süd über das Dach wandernden Baustelle sind die Zimmerleute inzwischen bei den letzten Dachsparren angekommen. Dort waren die einzelnen Hölzer jedes für sich säuberlich eingehaust. Unter den Verkleidungen haben unbemerkt Feuchte und Hausschwamm ihr Unwesen getrieben. Als sie nun entfernt wurden, war schnell klar: hier kommt man mit der bisher bewährten Sanierungsmethode nicht weit.
Das Konzept für den Westflügel sieht nämlich vor, nur so viel Material auszutauschen, wie es für die Stabilität unbedingt nötig ist. Die jetzt freigelegten Schäden haben aber mehr als zwei Drittel der Substanz im betroffenen Bereich erfasst. So bleibt nur der Komplettaustausch der letzten an den Westturm angrenzenden 13 Sparren. Auch an den Deckenbalken haben die Schäden hier größere Ausmaße als in den bisher sanierten Bereichen, weshalb der Austausch umfangreicher sein muss.
Zeitverzögerungen für das Projekt sind mit diesen Änderungen im handwerklichen Vorgehen jedoch nicht verbunden. Nach wie vor steht der Plan, bis Jahresende 2021 mit der Dachsanierung fertig zu sein – einschließlich des neuen Treppenhauses mit Aufzugsschacht, das in direkter Nachbarschaft zum Westturm entsteht. Weil auch daran bereits gebaut wird und Eingriffe in das statische Gefüge von Mauern und Gewölben nötig sind, müssen Statiker wachsam sein und beide Arbeitsbereiche exakt aufeinander abstimmen.
An der nördlichen Dachhälfte ist schon sichtbar, wie reibungslos es bisher voranging – planmäßig ist dort das sanierte Dach schon wieder mit Schiefer eingedeckt. Zurzeit gibt es dort noch Restarbeiten am Übergang zu den Fassaden, bevor bald das Gerüst abgebaut werden kann.
Franz Nagel für die Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten