Im Erdgeschoss des Westflügels von Schloss Friedenstein findet, verborgen vor den Augen der Besucher, gerade Ungewöhliches statt. Unter einem Gewölbe nahe dem Westturm gräbt sich ein Minibagger in den Boden. Hier soll das Fundament für ein neues Treppenhaus entstehen. Dieser Eingriff ist unumgänglich, damit es später keine Nutzungseinschränkungen gibt. Die vorhandenen Treppen taugen nämlich nicht als Fluchtwege im Sinne des Brandschutzrechts.
Mit dem Einbau eines normgerechten Treppenhauses ist neben dem Zuwachs an Sicherheit ein weiterer Schritt nach vorn verbunden: Es wird dann auf Schloss Friedenstein einen zweiten Besucheraufzug geben und damit einen barrierefreien Rundgang durch alle Museumsräume. Auch das Ekhof-Theater im Westturm wird dann deutlich besser erschlossen sein, wenngleich es wegen seiner abweichenden Bodenniveaus auch weiter nicht ganz ohne Treppen auskommt.
Der Einbau einer „Vertikalerschließung“, wie die Fachleute es nennen, in ein historisches Gebäude ist in mehrfacher Hinsicht eine höchst anspruchsvolle Aufgabe. Das hat der 2014 errichtete Aufzug im nördlichen Ostflügel gelehrt. Ist ein Standort gefunden, an dem die Eingriffe möglichst geringe Schäden an der Substanz verursachen, kommt die Stunde der Statiker und Architekten. Sie müssen die erheblichen Stahlbeton-Gewichte von Aufzugsschacht und Treppe so planen, dass sie das benachbarte Mauerwerk nicht schwächen. Idealerweise muss die Anlage frei stehen. All dies ist im Westflügel gelungen. Es kommen keine Raumkunstwerke zu Schaden, im Erdgeschoss befanden sich an der nun als Treppenbereich vorgesehenen Stelle bisher die Besuchertoiletten.
Für die Treppe ist ein besonders stabiler Baugrund nötig. Tiefgreifende Fundamente müssen vertikal wirkende Lasten so ableiten, dass kein seitlicher Druck auf die Wände entsteht. Also muss eine tiefe Baugrube her. Daran wird im Westflügel derzeit gearbeitet, unter anderem mit einem Bagger – wenn auch mit einem kleinen. Danach beginnen die Rohbauarbeiten, die 2021 abgeschlossen werden sollen.
Franz Nagel für die Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten