Die neuen Gemächer des Westflügels sind bezugsfertig! Auf stolzen 60 mal 30 Zentimetern können sich die künftigen Bewohner ausbreiten und ihre Kinder aufziehen. Wer bei Schlosssanierung nur riesige Dimensionen, herzogliche Gemächer und mächtige Dachstühle im Sinn hat, liegt falsch. Im Rahmen der aktuellen Sanierungsarbeiten haben die Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten und der Naturschutzbund (NABU) auch an die kleinen Bewohner gedacht und von den Zimmerern Nisthilfen für Mauersegler anfertigen lassen.
Bei Altbausanierungen sind die Brutplätze der „Turmschwalben“ oftmals in Gefahr. Auf Schloss Friedenstein Gotha, hoch über der Stadt gelegen, finden sich diese brutplatztreuen Koloniebrüter regelmäßig Anfang Mai ein – wahrscheinlich schon seit Jahrhunderten. Bisher brüteten die Mauersegler meist im Bereich der Dachkästen und Dachrinnen. Um ihnen auch weiterhin eine Heimat zu geben, wurden insgesamt zwölf Nistkästen speziell für diesen Gebäudebrüter angefertigt. Das Einflugloch auf der Unterseite ist quer oval und 70 mal 35 Millimeter groß, damit der Flugkünstler mit seinen langen, sichelförmigen Flügeln gut herein passt. Die Flügelspannweite beträgt immerhin 40 Zentimeter.
Sein wissenschaftlicher Name Apus apus leitet sich vom Griechischen „ohne Füße“ ab, ein Hinweis auf die winzigen Klammerfüße des ständigen Luftbewohners. Die typischen, kreischenden Rufe dieser Vögel am Himmel unserer Städte und Dörfer kündigen den Sommer an.
Mauersegler fangen in rasanten Flügen – meist in großer Höhe – gezielt in der Luft schwebende Insekten und Spinnen. Der Schnabel wird dabei erst beim Zugreifen geöffnet. Es gibt keinen heimischen Vogel, der so gut an das Luftleben angepasst ist. Fast ihr ganzes Leben spielt sich in der Luft ab, auch die Paarung kann hier erfolgen. Sie können bis zu 3.000 Meter hoch aufsteigen und sogar in der Luft nächtigen. Mauersegler sind Weltenbummler – schon Anfang August ziehen zuerst die Männchen bis zu 10.000 Kilometer weit ins Winterquartier nach Südafrika.
Mauersegler sind Höhlen- und Nischenbrüter an hohen Gebäuden, Felsen und Bäumen. Das Gelege umfasst zwei bis drei weiße, lang elliptisch geformte Eier. Die flache Nestmulde besteht aus Halmen, Haaren und Federn, die aus der Luft gesammelt und mit Speichel zusammengeklebt werden. Von Mitte Mai an wird gebrütet, etwa drei Wochen lang. Die Jungen brauchen dann gut 40 Tage bis zum Ausfliegen. Mauersegler können ein Alter von 20 Jahren erreichen.
In diesem Jahr müssen die Mauersegler noch etwas improvisieren bei den Brutplätzen, denn das Gerüst wird erst im nächsten Jahr abgebaut. Dann aber ist die Wohnungsnot für diese Flugakrobaten und Insektenjäger beendet. Auf sie warten frisch sanierte Wohnungen in Toplage.
Ronald Bellstedt und Susanne Hörr für die Stiftung Schloss Friedenstein Gotha