2019 war das Jahr der ersten großen Bauarbeiten für das 60-Millionen-Euro-Projekt. Zeit für einen kurzen Schulterblick, vor allem aber für die Vorschau auf die anstehenden Aufgaben. Im Mittelpunkt steht weiter zunächst die Dachsanierung am Westflügel.
Sichtbares Signal des Baubeginns im Frühjahr 2019 war die Aufstellung des Gerüsts mit Schutzdach im nördlichen Bereich. Dann begann abschnittweise die Dachsanierung. Schiefer und Dachschalung wurden abgenommen, dann kam der Dachstuhl zum Vorschein, mit all seinen im Laufe der Jahrhunderte entstandenen Schäden. Das allerdings war keine Überraschung, denn es war vorher alles gründlich untersucht worden. Deshalb konnten schnell die Zimmerleute anrücken. Sie begannen, schadhafte Balkenbereiche im Dachstuhl und den Decken gezielt austauschen.
Sparren für Sparren arbeiteten sich die Handwerker auf diese Weise von Nord nach Süd durchs Dach. Manche Deckenbalken waren allerdings so durchgebogen, dass nur noch zusätzlich eingefügte Stahlträger Stabilität gewährleisten konnten. Mit dem Einsetzen neuer gerader Balken hätte man die Stuckdecken beschädigen müssen, die sich mit den Balken verformt haben.
Nach Bearbeitung des ersten Viertels wurde das Schutzdach bis etwa zur Mitte des Flügels verlängert, darunter konnten die Arbeiten nahtlos fortgesetzt werden. Analog zum bisherigen Vorgehen geht es seither weiter südwärts voran.
In den nächsten Monaten beginnt in den bereits sanierten Bereichen die Schieferdeckung. Die Zimmerleute ziehen dann an die südliche Hälfte des 100 Meter langen Dachs weiter. Außerdem beginnt im April der Einbau eines neuen Treppenhauses mit Aufzug, der einen barrierefreien Museumsrundgang gewährleisten wird. Dach und Treppenhaus sollen 2021 fertig sein. Die Gesamtplanung sieht vor, danach die Innenräume des Westflügels und des angrenzenden Westturms zügig wiederherzustellen, damit sie die Stiftung Schloss Friedenstein wieder museal nutzen kann.
Auch wenn sich derzeit vor allem am Westflügel Sichtbares tut – gearbeitet wird an vielen Bereichen des Schlosses. Meist geht es dabei um Untersuchungen und Planungen für weitere Sanierungsschwerpunkte, die parallel und ineinandergreifend vorbereitet werden – am Ostturm, Teilen des Ostflügels und dem westlichen Dachbereich des Nordflügels. In den betroffenen Dachgeschossen werden beispielsweise in diesem Jahr mit dem großen notwendigen Aufwand schadstoffbelastete Staubablagerungen entfernt, damit die genauen Aufmaße erstellt werden können.
Bei den meisten Bauschwerpunkten geht es um die Substanz, ums Konstruktive und seinen nachhaltigen Bestand. Dabei sind häufig Rohbauexperten gefragt. Aber auch für die Spezialisten der feinen Materialien und Oberflächen, die Restauratoren, ist das Schloss voller Herausforderungen. Seit längerer Zeit erforschen sie gemeinsam mit Bauhistorikern gründlich die Innenräume. Zu den Höhepunkten des vergangenen Jahres gehörte dabei die Freilegung des in weiten Teilen erhaltenen Estrichbodens mit Ziegelmuster aus der Bauzeit des Schlosses im 17. Jahrhundert in der Weimargalerie im Westflügel. Auch die angrenzenden klassizistischen Räume wurden untersucht und Konservierungsmaßnahmen geplant. Zentral ist dabei der Umgang mit schadhaften Stuckdecken und Wänden, besonders spannend sind außergewöhnliche Ausstattungsdetails wie 56 in die Wand eingelassene Pastellbilder im Dichterzimmer. 2020 werden die Planungsarbeiten fortgesetzt, und dabei rücken auch die Fassaden in den Fokus: Musterflächen soll angelegt werden, um die Materialien und Farbwirkungen zu erproben.
Das Schloss ist zwar die weitaus größte und komplexeste, aber nicht die einzige Baustelle im Projekt. Für das Orangenhaus, das bereits in Teilen sanierte Lorbeerhaus und das Treibhaus wurden die Entwurfsplanungen abgeschlossen. Bei den Untersuchungen stellte sich heraus, dass die Dachkonstruktion des Orangenhauses nicht mehr tragfähig war. Eine Sperrung ließ sich nicht umgehen, schnelle Notsicherungen ermöglichten es aber, dass wieder eine provisorische Nutzung möglich ist. Für die geplanten Maßnahmen im Herzoglichen Park, vor allem an den Brücken und Wegen, sind die Auswahlverfahren für die Planungsleistungen abgeschlossen.
Das Förderprojekt, für das Bund und Freistaat Thüringen insgesamt 60 Millionen Euro bereitstellen, ermöglicht große und langfristig wirksame Schritte für das Ensemble. Daneben gibt es aber auch immer Projekte, die dank anderer Förderer oder bürgerschaftlichen Engagements zustande kommen. 2019 machten beispielsweise die Kulturstiftung Gotha und der Einsatz von Lottomitteln die Restaurierung der Altanbrüstung im Innenhof möglich, und der Förderverein Orangerie-Freunde Gotha e.V. finanzierte mit einer Spende die Anschaffung neuer Pflanzkübel für die Orangerie.