Schloss Friedensteins Regenschutz kommt in Zukunft aus Spanien. Von dort erreichte dieser Tage der erste Schiefer für das Dach des Westflügels die Großbaustelle. Verlegt wird nach regionaler Handwerksgepflogenheit in „Altdeutscher Deckung“.
Der bisher auf dem Dach liegende Schiefer ist zum allergrößten Teil verschlissen und deshalb nicht wiederverwendbar. Nur wenig davon kann für Reparaturen aufbewahrt werden. Es musste also neuer beschafft werden – doch das ist nicht mehr so einfach wie zur Erbauungszeit des Schlosses und selbst noch vor einigen Jahrzehnten. Denn in thüringischen Gruben sind die für ein so großes Dach benötigten Plattenformate nicht mehr zu haben. Die Gesteinsschichten ohne Störungen, aus denen sich Schieferplatten mit bis zu 42 Zentimeter Kantenlänge gewinnen lassen, gibt es in einheimischen Gruben nicht mehr – oder man müsste nach Jahrhunderten intensiven Abbaus so tief vordringen, dass sich der Abbau wirtschaftlich nicht lohnt. Traditionsreiche Gruben des Thüringer Schiefergebirges wie in Lehesten sind deshalb bereits seit längerem geschlossen oder stellen keine großformatigen Schieferplatten in nennenswerten Mengen mehr her.
Entscheidend ist beim Schiefer aber nicht nur die Herkunft, sondern auch die Wirkung, die durch die Dachdeckung entsteht. Eine zu homogene Farbigkeit beispielsweise kann auf großen Flächen schnell monoton wirken. Um ein lebendiges Dachbild wie auf dem vor mehr als zehn Jahren gedeckten Ostflügel zu erhalten, werden unterschiedliche Farbschattierungen verwendet. Das klappt am besten mit Material aus verschiedenen Gruben.
Um die Wirkung zu testen, haben die Fachleute mit Probeplatten experimentiert. Nun wird Schiefer aus zwei spanischen Gruben kombiniert – ein dunklerer, der dem früher in Thüringen gewonnenen fast schwarzen Schiefer nahekommt, und ein etwas hellerer, der für optische Auflockerung sorgt. Wichtig dabei ist, dass beim Anbringen kein regelmäßiges Muster entsteht, sonst wird der Eindruck monoton. Es kommt also ganz auf die Kunstfertigkeit der Dachdecker an, die Stein für Stein den Zufall mitspielen lassen.
Zur Anwendung kommt die „Altdeutsche Deckung“. Das bedeutet, dass die Platten von unten nach oben in diagonal verlaufenden Linien mit unterschiedlich großen Formaten verlegt werden. Begonnen wird unten mit den größten Platten von bis zu 42 mal 38 Zentimetern, die Platten in Firstnähe sind dann etwa zwölf Zentimeter kleiner.
In Kürze soll es damit losgehen. Die ersten rund 30 Dachabschnitte einschließlich Deckenbalken sind von den Zimmerleuten bereits saniert, die sich Schritt für Schritt nach Süden vorarbeiten. Die fertigen Bereiche werden verschalt und dann eingedeckt. Damit beide Gewerke reibungslos und zügig parallel arbeiten können, wird das Schutzdach in den nächsten Wochen auf die ganze Nordhälfte des Flügels erweitert – bisher bedeckt es lediglich ein Viertel.
Franz Nagel für die Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten
Tipp: Informationen zur Geschichte des Schieferabbaus in Thüringen unter
www.schiefer-denkmal-lehesten.de