Wenn es um das Sanieren historischer Bauwerke geht, ist schnell von komplexen Aufgaben die Rede. Alles hängt mit allem zusammen. Was das wirklich bedeutet, wird manchmal erst an Details besonders anschaulich. Ein Beispiel dafür war neulich im zweiten Obergeschoss des Westflügels von Schloss Friedenstein zu erleben, wo jahrzehntealtes Parkett und ein noch gar nicht vorhandener Aufzug untrennbar miteinander verbunden sind.
Zu dem gerade beginnenden Teilprojekt I der Sanierung des Ensembles gehört 2021 der Einbau eines Aufzugs. Der soll die Obergeschosse barrierefrei erschließen. Das klingt einfacher, als es ist. „Wir wissen zwar genau, was der Aufzug können soll. Damit wir das erreichen, müssen wir aber heute schon entscheiden, wo genau er halten soll“, sagt Projektreferentin Dorothea Voigt von der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten. Und dafür werden schon jetzt die Weichen gestellt. Mit der Planung des Fahrstuhlschachts wird auf den Zentimeter genau vorbestimmt, auf welcher Höhe später die Besucher den Fahrstuhl verlassen. Wenn der Schacht einmal gebaut wird, müssen die Höhenverhältnisse vorher möglichst präzise feststehen.
Damit der Fahrstuhl auch wirklich einen barrierefreien Weg durch das Schloss ermöglicht, muss also nicht nur das Geschoss, sondern weit im Voraus die Platzierung der Ausstiegsöffnungen exakt festgelegt werden. Und hier kommt das Parkett der Weimargalerie im zweiten Obergeschoss ins Spiel. Das Parkett stammt aus dem 20. Jahrhundert und hat sich als Belag für die Museumsnutzung gut bewährt. Der älteste historische Bodenbelag in diesem 100 Meter langen Gang, der eine Folge von Prunkräumen flankiert, war aber ein Estrichboden, in den Ziegelplatten nach einem bestimmten Muster eingelegt wurden. Dass von diesem barocken Boden noch erhebliche Teile vorhanden sind, hat kürzlich eine Sondierung unter dem Parkett ergeben.
„Als das Parkett verlegt wurde, hat man als Trennschicht zunächst Teerpappe auf den Ziegel-Estrich-Boden gelegt und dann eine hölzerne Unterkonstruktion eingebaut. Darauf liegt dann das Parkett“, erläutert Voigt. „Das ist ein ziemlicher Aufbau, den wir bei der Aufzugsplanung nicht ignorieren können.“ Die beauftragten Architekten brauchten also Klarheit, ob die Besucher künftig weiter auf einem Parkett laufen sollen oder einige Zentimeter tiefer auf dem barocken Belag. Denn was nützt ein Aufzug, wenn er direkt in eine Stufe mündet.
Die Sondierung und begleitende baugeschichtliche Recherchen schaffen für diese Entscheidung die Grundlage. Ob die historische Belagsituation wiederhergestellt wird, ist nun ein Thema für Architekten und Restauratoren. Dafür gibt es konzeptionelle Gründe wie etwa die Absicht, möglichst viel von der Gestaltung wieder sichtbar zu machen, die bis ins frühe 20. Jahrhundert das Schloss prägte. Herausgenommen werden muss der einige Jahrzehnte alte Holzbelag auf jeden Fall – zumindest vorübergehend, denn die Teerpappe unter dem Parkett hat lange als undurchlässige Trennschicht gewirkt und damit für Feuchteschäden bis in die Baukonstruktion gesorgt. Für deren Wiederherstellung müssen die Bodenbeläge ohnehin herausgenommen werden.
Franz Nagel für die Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten