Lange galt das Orangenhaus in der Herzoglichen Orangerie als eines der weniger problematischen Gebäude im Ensemble um Schloss Friedenstein. Prinzipiell nutzbar, wenn auch mit einigen Mängeln, sollte es im Rahmen der 60-Millionen-Euro-Sanierung zu den Teilprojekten mit weniger akuter Dringlichkeit gehören. Das hat sich nun geändert.
Im Fokus steht die Dachkonstruktion dieses jüngeren der beiden barocken Winterungsgebäude, die das Orangerieparterre flankieren. Für eine statische Voruntersuchung mussten Dämmungsmatten und Verkleidungen aus dem 20. Jahrhundert entfernt werden, die bisher den Blick auf die Dachbalken behindert hatten. Der Statiker schlug Alarm. Schon nach kurzer Begutachtung war klar: das Gebäude muss sofort gesperrt werden.
Die Besorgnis des Fachmanns hatten nicht nur Fäulnisschäden im Bereich der Balkenauflager geweckt, sondern auch Konstruktionsmängel an den Hängewerken, die wohl von Anfang an bestanden und inzwischen zu sichtbaren Überlastungen und sogar Brüchen geführt haben. Nachträgliche Einbauten wie Schornsteine und unsachgemäße Veränderungen im 20. Jahrhundert haben die Situation verschärft.
Betroffen sind weite Teile des Gebäudes, am gravierendsten aber der Mittelsaal und die Seitenpavillons, dessen Dachkonstruktion besonders unkonventionell ist. Nach den Plänen von Baumeister Gottfried Heinrich Krohne wurden hier sogenannte räumliche Hänge-Spreng-Werke eingebaut, die die Decke ohne Stützen über dem großzügigen Mittelsaal tragen und alle Lasten auf die Außenwände abtragen. Als „räumlich“ werden diese Konstruktionen deshalb bezeichnet, weil hier die einzelnen Sparren und Hängesäulen nicht einfach wie in einem Satteldach nebeneinander aufgereiht sind, sondern über Eck ineinandergreifen.
Was das Denkmalpflegerherz höher schlagen lässt, entpuppt sich hier – wie so oft – zugleich als Problem. Denn schon beim Bauen mussten Kompromisse gemacht werden, die eine Schwächung mit sich brachten. Als man dann zu Beginn des 20. Jahrhunderts den Dachstuhl nachtäglich stabilisieren wollte, wurden zusätzliche Streben in die Balken eingebunden – ein Bärendienst, denn damit wurde deren tragfähiger Querschnitt noch einmal kleiner.
Nach der Begutachtung durch den Statiker und seinen alarmierenden Ergebnissen kann das Gebäude ab sofort nicht mehr genutzt werden. Nun muss zunächst eine provisorische Stützkonstruktion für Sicherheit sorgen, bevor die gründliche Bauuntersuchung fortgesetzt werden kann.
Franz Nagel für die Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten